Delirium-Management-Protokoll

Protokolle und evidenzbasierte Strategien zur Vorbeugung und Behandlung von Delirium werden zweifelsohne in dem Maße entstehen, in dem mehr Erkenntnisse aus laufenden randomisierten klinischen Studien sowohl zu nicht-pharmakologischen als auch zu pharmakologischen Strategien verfügbar werden. Unsere Gruppe hat bewusst von der Veröffentlichung eines Algorithmus für das Delirium-Management abgesehen, da dies die Einbeziehung von „Expertenmeinungen“ und somit von Aspekten erfordern würde, die noch nicht ausreichend getestet oder bewiesen sind. Die Anfragen nach einem solchen Ansatz überschwemmen jedoch weiterhin unsere Erfahrungen auf nationalen und internationalen Foren und zahlreiche E-Mails, die wir von Besuchern unserer Website erhalten. Daher haben wir das folgende Protokoll zum Sedierungs- und Deliriummanagement entwickelt, das unseren derzeitigen Ansatz kurz und bündig zusammenfasst. Wir möchten betonen, dass dieser Ansatz, der weitgehend auf den aktuellen SCCM-Leitlinien für die klinische Praxis (VUMC-Sedierungsprotokoll) basiert, regelmäßig anhand neuer Daten aktualisiert und an jedem medizinischen Zentrum entsprechend den dortigen Vordenkern angepasst werden muss. Es handelt sich nicht um ein „Ein-Schuh-für-alle“-Protokoll. Wir hoffen, dass dieser Protokollentwurf Ihnen dabei hilft, Ihr eigenes integriertes Konzept für die ZNS-Überwachung, die gezielte Sedierung und das Delirium-Management bei kritisch kranken Patienten auf der Intensivstation zu entwickeln.

Nicht-pharmakologische Maßnahmen

Primärprävention wird bevorzugt; ein gewisses Maß an Delirium ist auf der Intensivstation jedoch unvermeidlich. Zwar gibt es keine Daten über Studien zur Primärprävention (nicht-pharmakologischer Art) auf der Intensivstation, doch die Daten aus anderen Bereichen konzentrieren sich auf die Minimierung von Risikofaktoren. Zu den Strategien gehören die folgenden Interventionen:

  • Wiederholte Neuorientierung der Patienten
  • Vorsehen von kognitiv stimulierenden Aktivitäten für die Patienten mehrmals am Tag
  • Ein nicht-pharmakologisches Schlafprotokoll
  • Frühzeitige Mobilisierungsaktivitäten
  • Rechtzeitiges Entfernen von Kathetern und körperlichen Einschränkungen
  • Verwendung von Augenbrillen und Lupen, Hörgeräte und Ohrenschmalzentfernung
  • Frühzeitige Korrektur der Dehydrierung
  • Anwendung eines geplanten Schmerzbehandlungsprotokolls
  • Minimierung unnötiger Geräusche/Reize

Strategien zur Prävention und Behandlung von Delirium auf der Intensivstation sind wichtige Bereiche für zukünftige Untersuchungen.

Pharmakologische Behandlung

Der erste Schritt bei der pharmakologischen Behandlung des Delirs besteht darin, die derzeitige Medikation des Patienten auf schädliche Wirkstoffe zu überprüfen, die das Delirium verursachen oder verschlimmern können. Die unangemessene Einnahme von Sedativa oder Analgetika kann die Symptome des Delirs verschlimmern. Patienten im Delirium können bei der Behandlung mit Beruhigungsmitteln noch stärker begriffsstutzig und verwirrt werden, was zu einer paradoxen Zunahme der Unruhe führt, wenn die sedierende Wirkung nachlässt. Tatsächlich verschlechtern Benzodiazepine und Narkotika, die häufig auf der Intensivstation zur Behandlung von „Verwirrung“ (Delirium) eingesetzt werden, die kognitiven Fähigkeiten und verschlimmern das Problem. Eine gründliche Überprüfung der Medikation eines Patienten hilft bei der Identifizierung von Sedativa, Analgetika und/oder Anticholinergika, die entfernt oder in ihrer Dosis verringert werden können.

Die aktuellen PADIS-Leitlinien (Pain, Agitation, Delirium, Immobility, and Sleep Disruption) raten davon ab, Haloperidol oder ein atypisches Antipsychotikum zur Behandlung von Delirium einzusetzen. Eine multizentrische, randomisierte, placebokontrollierte Studie an 566 Patienten hat gezeigt, dass Haloperidol und Ziprasidon im Vergleich zu Placebo weder Delirium, Beatmungsdauer, Verweildauer auf der Intensivstation oder im Krankenhaus noch Todesfälle reduzieren. Herzrhythmusstörungen, Parkinsonismus (extrapyramidale Symptome), neuroleptisches malignes Syndrom, Absetzen des Studienmedikaments und andere Sicherheitsbedenken waren in allen drei Gruppen äußerst gering. Antipsychotika sind nach wie vor geeignet für die kurzfristige Kontrolle von Unruhezuständen (z. B. bei Alkohol- oder Drogenentzug) oder schweren Angstzuständen, bei denen eine Unterdrückung der Atmung vermieden werden muss (z. B. bei Herzinsuffizienz, COPD oder Asthma).