Sir-Thomas et al. sind für ihre elegante prospektive Studie zu beglückwünschen, in der sie die diagnostische Genauigkeit klassischer Anzeichen einer Meningealreizung bei erwachsenen Patienten mit Verdacht auf Meningitis untersuchten. Sie zeigten, dass Nackensteifigkeit, Kernig-Zeichen und Brudzinski-Zeichen bei Verdacht auf Meningitis keinen diagnostischen Wert haben. Ihre Schlussfolgerungen sollten jedoch nicht verallgemeinert werden, insbesondere nicht für bakterielle Meningitis, da nur 3 der 80 Patienten in ihrer Studie eine dokumentierte bakterielle Meningitis aufwiesen und nur 4 Patienten eine schwere Meningealentzündung hatten (d. h. eine Liquor-WBK-Zahl von >1000 Zellen/ml). Bemerkenswert ist, dass bei der letztgenannten Patientengruppe die Nackensteifigkeit eine Sensitivität und einen negativen Vorhersagewert von 100 % hatte.

Darüber hinaus verdienen zwei weitere Punkte von Thomas et al. einen Kommentar. Erstens waren fast ein Viertel der an ihrer Studie teilnehmenden Patienten immungeschwächte Wirte. Schwer immungeschwächte Patienten entwickeln in der Regel keine angemessene Entzündungsreaktion, und lokale Anzeichen einer Infektion, wie z. B. Nackensteifigkeit, können fehlen. Deshalb ist es wichtig, bei immungeschwächten Patienten mit Fieber oder Kopfschmerzen eine Lumbalpunktion durchzuführen, um eine Meningitis, die sich ohne meningeale Anzeichen manifestiert, zu erkennen und umgehend zu behandeln. Zweitens, was die Ätiologie der mikrobiologisch bestätigten Liquorinfektion bei den 18 untersuchten Patienten betrifft, so hatten 8 Patienten eine Enterovirusinfektion und 6 Patienten eine Kryptokokkenmeningitis. Die Kernig- und Brudzinski-Zeichen sind nur bei etwa einem Drittel der Patienten mit Enterovirus-Meningitis vorhanden. Das Gleiche gilt auch für die Kryptokokken-Meningitis bei AIDS-Patienten: Weniger als ein Drittel dieser Patienten weist Nackensteifigkeit auf. Daher ist es irreführend, die diagnostische Genauigkeit von Meningealzeichen zu untersuchen, ohne immunkompetente und immungeschwächte Patienten in getrennte Untergruppen zu stratifizieren.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass, wie Thomas et al. feststellten, bessere Diagnosetests am Krankenbett erforderlich sind. Im Gegensatz zu ihrer Behauptung hängt in der klinischen Praxis die Notwendigkeit einer Lumbalpunktion jedoch nicht vom Vorhandensein oder Fehlen dieser meningealen Zeichen ab.

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