Die in der Zeitschrift Global Change Biology veröffentlichte Studie prognostiziert auch die Ankunft von rund 2.500 neuen gebietsfremden Arten in Europa, was für den Kontinent eine Zunahme von 64 % über den Zeitraum von 45 Jahren bedeutet.

Das Forscherteam unter der Leitung des deutschen Senckenberg Biodiversitäts- und Klimaforschungszentrums hofft, dass diese Zahl durch strengere Biosicherheitsvorschriften verringert werden kann.

Als gebietsfremde Arten werden Arten bezeichnet, die der Mensch weltweit an Orte gebracht hat, an denen sie nicht natürlich vorkommen. Bis zum Jahr 2005 (dem Datum des letzten umfassenden weltweiten Katalogs) wurden mehr als 35.000 solcher Arten erfasst. Einige dieser gebietsfremden Arten können sich zu invasiven Arten entwickeln, die schädliche Auswirkungen auf Ökosysteme und Volkswirtschaften haben. Gebietsfremde Arten sind eine der Hauptursachen für das Aussterben von Tieren und Pflanzen.

Ko-Autor Professor Tim Blackburn (UCL Centre for Biodiversity & Environment Research und das Institute of Zoology, ZSL) sagte: „Unsere Studie sagt voraus, dass gebietsfremde Arten in den nächsten Jahrzehnten weiterhin mit hoher Geschwindigkeit in die Ökosysteme eindringen werden, was besorgniserregend ist, da dies zu einer schädlichen Veränderung der biologischen Vielfalt und zum Aussterben beitragen könnte.“

„Aber wir sind keine hilflosen Zuschauer: Mit einer konzertierten globalen Anstrengung zur Bekämpfung dieser Entwicklung sollte es möglich sein, diesen Trend zu verlangsamen oder umzukehren.

Für die Studie entwickelte das Forscherteam ein mathematisches Modell, um erstmals zu berechnen, wie viele gebietsfremde Arten bis zum Jahr 2050 zu erwarten wären, und zwar auf der Grundlage der geschätzten Größe der Quellpools (der Arten, die schließlich invasiv werden könnten) und der Dynamik historischer Invasionen, und zwar unter der Annahme eines „Business-as-usual“-Szenarios, das eine Fortsetzung der derzeitigen Trends voraussetzt.

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Das Modell sagt bis 2050 einen Anstieg der Anzahl gebietsfremder Pflanzen- und Tierarten weltweit um 36 % im Vergleich zum Stand von 2005 voraus.

Die Studie stellt große Unterschiede zwischen den Regionen fest. Der größte Anstieg wird in Europa erwartet, wo die Zahl der gebietsfremden Arten bis Mitte des Jahrhunderts um 64 % zunehmen wird. Weitere Hotspots für gebietsfremde Arten werden für die gemäßigten Breiten Asiens, Nord- und Südamerikas vorhergesagt. Den geringsten relativen Zuwachs an gebietsfremden Arten erwartet man in Australien.

Europa wird auch den größten Zuwachs an gebietsfremden Arten in absoluten Zahlen verzeichnen, mit etwa 2.500 neuen gebietsfremden Arten.

Hauptautor Dr. Hanno Seebens (Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum, Deutschland) sagte: „Dabei wird es sich vor allem um eher unauffällige Neuankömmlinge wie Insekten, Weichtiere und Krebstiere handeln. Co-Autor Dr. Franz Essl (Universität Wien) fügte hinzu: „Eine besonders starke Zunahme wird bei Insekten und anderen Gliederfüßern, wie Spinnentieren und Krebstieren, erwartet. Wir gehen davon aus, dass die Zahl der gebietsfremden Arten aus diesen Gruppen bis zur Mitte des Jahrhunderts in allen Regionen der Welt zunehmen wird – in den gemäßigten Breiten Asiens sogar um fast 120 %.“

Die Studie sagt auch voraus, dass die Einschleppungsrate gebietsfremder Arten zumindest bei einigen Tiergruppen weiter zunehmen wird. Bis 2050 werden insbesondere gebietsfremde Gliederfüßer- und Vogelarten im Vergleich zum Zeitraum 1960-2005 weltweit schneller eintreffen als bisher. In Europa wird für alle Pflanzen- und Tiergruppen mit Ausnahme der Säugetiere mit einer Zunahme der Neuankömmlinge gerechnet.

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Eine Umkehr oder gar eine Verlangsamung der Ausbreitung gebietsfremder Arten ist nicht in Sicht, da der weltweite Handel und Verkehr in den kommenden Jahrzehnten zunehmen dürfte und viele Arten als blinde Passagiere in neue Lebensräume eindringen können.

Dr. Seebens sagte: „Wir werden die Einführung gebietsfremder Arten nicht vollständig verhindern können, da dies starke Einschränkungen im internationalen Handel bedeuten würde.“

„Strengere Vorschriften und ihre konsequente Durchsetzung könnten jedoch die Einschleppung neuer Arten erheblich verlangsamen. Der Nutzen solcher Maßnahmen hat sich in einigen Teilen der Welt gezeigt. In Europa sind die Vorschriften immer noch vergleichsweise lax, so dass hier ein großes Potenzial für neue Maßnahmen zur Eindämmung der Einschleppung neuer gebietsfremder Arten besteht.“